Pressemitteilung der Ortsgruppe Hamburg des Deutschen Hanfverbands zur Demonstration vor und um das Landgericht Hamburg am 31.08.2019, 12-15 Uhr, Sievekingplatz 1, 20355 Hamburg
Mit der Einleitung von mittlerweile knapp 500 Verfahren pro Tag (!) gegen Cannabisfreunde hat die Repression gegen Hanfkonsumenten und -patienten aktuell einen Höchststand erreicht[1]. Sie zerstört nicht nur die Leben der Betroffenen, sie lähmt gleichzeitig die Justiz- und Strafverfolgungsbehörden. Statt sich um Verbrechen zu kümmern, bei denen es neben einem Täter auch ein Opfer gibt und deren Verfolgung und Ahndung für die Opfer ein wichtiges Mittel sind, um Gerechtigkeit zu erlangen, werden stattdessen Unmengen an Kräften des Staates im Kampf gegen die Drogen gebunden. Dass dieser aussichtslos und kontraproduktiv ist, haben 122 Strafrechtsprofessoren bereits 2013 in einem offenen Brief geäußert[2]; auch der ehemalige Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) André Schulz, sprach sich 2018 für ein Ende der Cannabisprohibition aus[3]. Suchtforscher wie Jens Reimer, der Direktor des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg oder der Mannheimer Oberarzt Derik Hermann sprechen sich ebenfalls für eine kontrollierte Abgabe von Hanf aus[4][5].
Den geschätzten jährlichen Kosten der Strafverfolgung von 2,66 Mrd. Euro[6] stehen immense Steuereinnahmen bei einer kompletten Freigabe entgegen. Colorado, welcher als erster US-Bundesstaat 2012 den privaten Gebrauch von Cannabis für Erwachsene erlaubt hat, hat dieses Jahr die 1 Mrd.-Dollar-Marke an Steuereinnahmen durch Cannabisverkauf geknackt[7]. Drei der vier Oppositionsparteien im Bundestag haben dies erkannt und mit ihren Gesetzesinitiativen im Frühjahr 2018 gezeigt, in welche Richtung es beim Thema Cannabis gehen muss[8]. Mit dem Verbot verrät der Staat zudem seine eigenen Leitsätze und die Grundrechte vieler Menschen, etwa auf eine freie Entfaltung. Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz ist verletzt, ganz zu Schweigen von der Würde der Betroffenen. Diese Vorgehensweise schafft laufend und methodisch neue Opfer, zerstört Familien und Existenzen und ist damit um ein vielfaches Schädlicher, als es der Naturstoff Cannabis je sein könnte.
Die Liste der Krankheiten, bei denen Cannabis nach dem Cannabis-als-Medizin-Gesetz verschrieben werden darf, ist lang[9]. Obwohl die Wissenschaft überhaupt erst seit Mitte der 90er Jahre und vielerorts wegen des Verbots noch überhaupt nicht frei zum Thema Cannabis forschen darf, hat Sie mittlerweile unzählige Studien produziert, welche die gesundheitsfördernden Aspekte von Cannabis belegen. Die Cannabispflanze enthält je nach Sorte eine unterschiedliche Kombination an Wirkstoffen: Neben über 100 Cannabinoiden auch insgesamt bis zu 500 anderer Moleküle wie z.B. Terpene, welche ebenfalls gesundheitsfördernde Effekte besitzen[10]. Und dennoch berichten sogar Menschen mit einem Rezept davon, dass es immer noch schwer ist, Ärzte zu finden, dass es Lieferengpässe gibt und dass die Qualität des angebotenen Grases der des Schwarzmarktes z.T. sogar nachsteht[11][12]. Auch dies ist ein unhaltbarer Zustand der täglich unnötig Leid verursacht.
Hanfkonsumenten und -patienten sind mit insgesamt mehr als einer Million Menschen[13] absolut kein geringer Anteil der deutschen Bevölkerung. Paragraph 175, erst 1994 aus dem StGB gestrichen, ermöglichte für Jahrzehnte eine Verfolgung von LGBTTIQ*-Menschen, welche ebenfalls Niemandem in irgendeiner Weise geschadet hatten. Heute gilt es als Fortschrittlich und Errungenschaft der Gesellschaft, dass in diesem Land Menschen frei wählen können, wen und wie Sie lieben (obgleich noch keine vollständige Gleichstellung erreicht ist). Ein ähnlich großer Schritt in eine freiere Gesellschaft steht beim Thema Prohibition noch aus. Er ist aber angesichts der Zahlen und der dahinter stehenden Schicksale ebenso überfällig. Die Verhältnismäßigkeit ist nicht gewahrt, wenn ein hochgerüsteter Staat sein ganzes Arsenal an Personal, Hubschraubern[14][15], Spürhunden etc. dafür verwendet, friedliche Kiffer zu jagen. Gerade in Anbetracht sich zunehmend radikalisierender, teils terroristischer Gruppen aus dem Rechtsextremistischen und Islamistischen Milieu ist es dringend Zeit, die Prioritäten in der Strafverfolgung zu reformieren!
Wir fordern, den verheerenden Teufelskreis der Prohibition und Repression in Deutschland endlich zu durchbrechen und wollen aufzeigen, dass wir Betroffene viele sind. Bunt und laut demonstrieren wir am 31.08. von 12 bis 15 Uhr vor dem Landgericht Hamburg am Sievekingplatz 1 für unsere Rechte und für eine vernünftige und menschliche Politik im Bereich Cannabis und Drogen. Wir werden uns symbolisch im Kreis um das Landgericht bewegen, um aufzuzeigen, wie sinnlos und schädlich die aktuelle Gesetzeslage ist. Wir fordern die Politik auf, endlich aktiv zu werden, Hanfkonsumenten endlich zu entkriminalisieren und den freien Zugang zu medizinischem Cannabis zu garantieren!
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtslage_von_Cannabis#Entwicklung_der_Cannabis-bezogenen_Strafverfahren
[2] http://schildower-kreis.de/resolution-deutscher-strafrechtsprofessorinnen-und-professoren-an-die-abgeordneten-des-deutschen-bundestages/
[3] https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/kriminalbeamte-fordern-ende-des-cannabis-verbots-54602380.bild.html
[4] https://www.pharmazeutische-zeitung.de/2015-09/cannabis-suchtforscher-fuer-kontrollierte-abgabe/
[5] https://www.deutschlandfunkkultur.de/suchtforscher-ueber-cannabis-legalisierung-bedeutet.1008.de.html?dram:article_id=430771
[6] https://hanfverband.de/sites/hanfverband.de/files/cannabis_final-141118.pdf
[7] https://www.wallstreet-online.de/nachricht/11246428-usa-steuerrausch-wirtschaftsmotor-cannabis-colorado-zahlen/all
[8] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2018/kw08-de-cannabis-542302
[9] https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/indikationeb-cannabis-medizin-2032610
[10] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30152161
[11] https://taz.de/Medizinische-Cannabis-Importe-stocken/!5570423/
[12] https://www.mdr.de/nachrichten/politik/gesellschaft/cannabis-rezept-probleme-lieferung-100.html
[13] https://hanfverband.de/faq/wie-viele-menschen-konsumieren-in-deutschland-cannabis
[14] https://www.abendblatt.de/hamburg/polizeimeldungen/article107887971/Polizei-sucht-Drogenplantagen-mit-Waermebildkamera.html
[15] https://www.mopo.de/hamburg/mit-waermebildkameras-hubschrauber-patrouillen-gegen-hamburgs-hasch-farmer-1676952