Bernd Schmidt

Bernd Schmidt

Bernd hat allen Grund sich für die Legalisierung von Cannabis einzusetzen.

Der IT – Mitarbeiter  leidet seit der Amputation seines linken Unterschenkels an Phantomschmerzen, welche er sonst nur mit starken Schmerzmitteln ertragen konnte.

Durch Cannabis konnte er diese reduzieren und teilweise sogar absetzen, was ihm eine gehörige Portion Lebensqualität wiedergab.

Bernd engagiert sich seit Jahren in der Duisburger Ortsgruppe des Deutschen Hanfverbandes und organisierte 2016 den ersten GMM in seiner Stadt mit.

Außerdem leitet er die Duisburger Selbsthilfegruppe „Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin“.

Bernd, schön dass auch du bei unserem Interview mitgemacht hast!

Hanfverband Hamburg: Wie bist du zum ersten mal mit Cannabis in Berührung gekommen?

Bernd: Das war schon relativ früh mit 16, also 1985.

Hanfverband Hamburg: Hat sich dein Konsum im Laufe der Jahre verändert?

Bernd: Bis 2014 habe ich gelegentlich konsumiert, es gab auch immer mal Pausen dazwischen. Geändert hat sich das erst, als ich den medizinischen Nutzen erkannt habe.

Hanfverband Hamburg: Hattest du in Bezug auf Cannabis schon Probleme mit dem Gesetz?

Bernd: Ja, wegen Eigenanbau.

Hanfverband Hamburg: Was hat dich dazu bewegt, aktiv zu werden?

Bernd: Da muss ich etwas weiter ausholen.

Bis ich 2014 mit einer Sepsis im Bein ins Krankenhaus kam, war ich ja nur Gelegenheitskonsument. Durch die ganzen offenen Stellen im Bein bekam ich Unmengen an Schmerzmittel. Da Holland nicht weit war und das Auto vorm Krankenhaus stand, bin ich dann zwischendurch mal abgehauen nach Holland und habe mir Cannabis gekauft um die Zeit im Krankenhaus erträglicher zu machen.

Ich merkte dann auch schnell, dass ich von den Schmerzmitteln weniger brauchte. Natürlich blieb das nicht lange unbemerkt von den Ärzten und dem Pflegepersonal. Da ich aber die ganze Zeit vorher gegenüber den Ärzten ein richtiger Stinkstiefel war, wurde es geduldet weil ich seit dem auch umgänglicher den Ärzten gegenüber war. Also befasste ich mich in den folgenden Wochen im Krankenhaus erst einmal mit dem Thema Cannabis als Medizin. Dabei bin ich dann auch auf den DHV aufmerksam geworden. Da es in Duisburg noch nichts in dieser Richtung gab, versuchte ich Gleichgesinnte zu finden. Anfangs war das gar nicht so leicht, zumal dazu kam, dass mir am Ende des Jahres 2014 dann mein Bein am Unterschenkel amputiert wurde.

Somit war mein Plan 2015 in Duisburg einen GMM zu veranstalten erst einmal auf Eis gelegt. Die Zeit im Krankenhaus und der Reha nutzte ich dann dazu, mich weiterhin in das Thema einzuarbeiten. Parallel dazu vernetzte ich mich online. Das führte letztendlich dazu dass mich einer von den Jusos aus unserem Stadtteil anschrieb, der damals sehr engagiert in dem Thema drin war. Es dauerte nicht lange, und wir hatten einen weiteren Mitstreiter. Schnell einigten wir uns darauf, dass wir in Duisburg auch einen GMM haben wollen. Um zu schauen wie aktive Arbeit vor Ort aussieht, haben wir dann auch die DHV Ortsgruppe in Düsseldorf sowie Cannabis Colonia e.V. in Köln besucht.

Mit aktiver Hilfe der Vorsitzenden von Cannabis Colonia und einem Redakteur der Grow organisierten wir dann in innerhalb von ein paar Wochen unseren ersten GMM. Mit dem Stadtteilladen Syntopia in Duisburg bekamen wir dann auch eine Anlaufstelle in der wir uns monatlich treffen können. Von da an haben wir bis heute jedes Jahr einen GMM veranstaltet. Im Jahr 2020 mussten wir unseren GMM im Mai ausfallen lassen, haben ihn aber im September nachgeholt. Aktuell planen wir jetzt schon für das Jahr 2021.

Neben dem GMM sind wir regelmäßig in der Fußgängerzone mit einem Infostand vertreten.

Hanfverband Hamburg: Bist du Cannabis – Patient?

Bernd: Ja

Hanfverband Hamburg: Wie hat Cannabis deine gesundheitliche Situation verbessert? Oder hat es das, auch ohne dass du Patient bist?

Bernd: Auf jeden Fall ein klares ja. Als Beispiel, mir wurden nach der Amputation auch Psychopharmaka verabreicht. Ich fühlte mich damit wie eine Marionette. Da ich aber innerhalb weniger Tage in der Lage war mit Rollstuhl wieder raus zu fahren, habe ich sie ab dem Moment wo ich wieder Cannabis konsumieren konnte abgesetzt. Das Resultat, mir ging es besser und die Ärzte haben bei der Visite gestaunt als ich ihnen gezeigt habe wie viele bunte Pillen ich gesammelt habe. Hauptsächlich bekämpfe ich mit Cannabis aber meine Phantomschmerzen.

Hanfverband Hamburg: Wie stehst du zu anderen Drogen und der Debatte um eine Entkriminalisierung dieser Substanzen?

Bernd: Neben der Regulierung von Cannabis würde ich auch eine Entkriminalisierung anderer Substanzen begrüßen.

Hanfverband Hamburg: Wie siehst du die Chancen, dass an der jetzigen Politik bald etwas geändert wird?

Bernd: In dieser Legislaturperiode sehe ich gar keine Chance mehr. In der nächsten Legislaturperiode sehe ich bei den möglichen Koalitionen durchaus Chancen.

Hanfverband Hamburg: Gab, oder gibt es Momente in deinem Aktivistenleben, wo du an deiner Überzeugung gezweifelt hast? Wenn ja, was motiviert dich weiterzumachen?

Bernd: Die gibt es regelmäßig nach jedem GMM 😂. Wenn man sieht wie viele Kiffer es in Duisburg z.B. gibt und dann kommen vielleicht mal 150 Demonstranten zum GMM, dann kann man schon mal verzweifeln. Aber ich halte das dann immer so: Aufstehen, Krone richten und weitermachen.

Bernd Schmidt

Hanfverband Hamburg: Hatte der Cannabis-Konsum – auch ob des gesellschaftlichen Stigmas – Auswirkungen auf Partnerschaften/Freundschaften ?

Bernd: Eigentlich nicht, ich bin auch zu meiner Zeit als Genusskiffer schon sehr offen damit umgegangen. Ich achte auch mit darauf, dass der Freundeskreis nicht nur aus der Filterblase besteht.

Hanfverband Hamburg: Wie stehst du zum Umgang mit Cannabis im familiären Umfeld?

Bernd: Als ich meine Lebensgefährtin kennenlernte, waren Ihre Kinder im Schulalter. In den 90er Jahren war das Thema Cannabis natürlich noch verpönter als heute. Ich habe immer Rücksicht darauf genommen, dass ich nicht in den Räumen konsumiert habe wo sch die Kinder aufgehalten haben. Generell bin ich auf jeden Fall für einen offenen Umgang Kindern gegenüber.

Hanfverband Hamburg: Ab welchem Alter würdest du das Thema mit deinen Kindern besprechen und wie?

Bernd: Aus meiner eigenen Erfahrung her würde ich sagen relativ früh. Man sollte den Kindern dann eben nahebringen, dass Cannabis wie Alkohol nur für Erwachsene ist.

Hanfverband Hamburg: Welche Altersgrenze für die Abgabe von Cannabis findest du sinnvoll?

Bernd: 18 Jahre

Hanfverband Hamburg: Wie stellst du dir die Legalisierung vor, bzw. wie wünschst du sie dir?

Bernd: Fachgeschäfte, Eigenanbau und Cannabis Social Clubs. So wäre für alle Bedürfnisse etwas dabei.

Hanfverband Hamburg: Hast du eine Lieblingsgenetik/Sorte? Warum?

Bernd: Jein, Strawberry Haze ist schon nice von Geschmack und Wirkung. Es gibt aber genug andere Sorten die auch die gewünschte Wirkung haben.

Hanfverband Hamburg: Viele Leute haben Bedenken, sich aktiv für die Legalisierung zu engagieren, weil sie fürchten, Probleme im Job, usw. zu bekommen. Was würdest du diesen Leuten sagen, bzw. welche Tipps würdest du ihnen geben, damit  sie trotzdem aktiv werden?

Bernd: Man muss nicht unbedingt Konsument sein, um sich für eine Legalisierung einzusetzen. Leider ist die Angst vor dem Arbeitgeber tatsächlich bei vielen Leuten groß. Ich müsste jetzt aber auch auf den Spickzettel schauen, was wir Leuten an den infoständen dann sagen würden.

Hanfverband Hamburg: Wenn Cannabis legal wäre, würdest du lieber anbauen oder in einem Shop einkaufen gehen?

Bernd: Ich würde selbst anbauen.

Bernd Schmidt

Hanfverband Hamburg: Was würdest du jemandem mit auf den Weg geben, (Vielleicht gerade Jugendlichen) wenn er/sie zum ersten mal Cannabis konsumieren möchte?

Bernd: Das ganze vorsichtig angehen zu lassen und erst einmal mit einer Sorte anzufangen die nicht zu viel THC hat.

Hanfverband Hamburg: Hast du zum Abschluss noch eine lustige, oder spannende Cannabis – Anekdote?

Bernd: Die gibt es tatsächlich. Vor ein paar Jahren war ich auf dem Sommerfest von einem Grow Großhandel in NRW. Dort war unter anderem auch der Stand von einem Bekannten Dabbing Online Händler. Den Nachmittag über bin ich ca einmal pro Stunde an den Stand gegangen und habe jeweils eine etwa Stecknadelgroße Menge verköstigt. Abends probierte ich dann gefühlt die Zehnfache Menge. ich bemerkte dann auch relativ schnell dass es mit dem Zug nicht mehr nach Hause geht. Glücklicherweise waren auch Bekannte von mir da die mit dem Auto angereist waren. Auf dem Weg nach Hause musste der Fahrer zweimal auf dem Seitenstreifen der Autobahn halten, weil ich kotzen musste. Dummerweise erwähnte ich beim Telefongespräch mit meiner Lebensgefährtin den Beruf des Fahrers (Polizei). In der Zeit setzte bei mir zu Hause hektische Betriebsamkeit ein. Mit Hilfe eines Nachbarn wurde alles was auf einen grünen Daumen hinwies abgebaut und woanders eingelagert. Als ich dann doch nicht im Streifenwagen abgeliefert wurde, war meine Frau erst etwas wütend und fühlte sich verarscht. 😂

Vielen Dank Bernd, dass du mitgemacht hast. Wir wünschen weiterhin alles Gute!