Heute präsentieren wir euch wieder einen Aktivisten aus dem Süden.
Onur ist Mitgründer des „CSC Skittelz“ in München, er engagiert sich online für die Legalisierung und Aufklärung von Menschen ist beim Thema Cannabis sein täglich Brot.
Als Patient kennt er sowohl die Vorteile, welche Cannabis für sein Leben bringt, als auch die Hürden welche den Patienten in den Weg gelegt werden. Auch Rassismus ist ihm in diesem Zusammenhang nicht unbekannt.
Das Ziel des 39 jährigen Münchners ist, dass niemand mehr für den Gebrauch von Hanf stigmatisiert wird und dass jeder Patient ohne Probleme die Medizin bekommt, die er/sie benötigt.
Ohne Vorurteile, Märchen, oder falsche Ideologien.
Danke Onur für das kurze Interview mit dir!
Hanf Albers: Wie bist du zum ersten mal mit Cannabis in Berührung gekommen?
Onur: Mit frischen 18 Jahren war ich mit Freunden zum ersten Mal in der Diskothek. Als wir später rausgingen, um frische Luft zu schnappen, fragten mich meine Freunde, ob ich schon einmal Haschisch geraucht habe. Ich hatte bis dahin noch nie geraucht oder gekifft und sogar keinen Alkohol getrunken. Meine Freunde erklärten mir, dass dieser Stoff gute Laune macht und zum Lächeln bringt, was für mich sehr merkwürdig klang. Später bekam ich plötzlich einen brennenden Joint, der möglicherweise im Umlauf war und an mich weitergegeben wurde. Ich war erstaunt über den eigenartigen Aufbau und den seltsamen Geruch. Aber mir gefiel der harzige Haschischgeruch, also zog ich einmal daran und musste sofort husten. Das war mein erster Joint, an dem ich drei Mal gezogen habe und gleichzeitig meine erste Zigarette, da der Joint mit Tabak gemischt war.
Hanf Albers: Hat sich dein Konsum im Laufe der Jahre verändert?
Onur: Nein, als ich zum ersten Mal konsumiert habe, habe ich eine sehr lange Zeit lang nicht regelmäßig konsumiert. Es kam nur bei seltenen Gelegenheiten vor, vielleicht etwa drei Mal im Jahr. Dann habe ich einige Jahre lang kaum konsumiert.
Hanf Albers: Hattest du in Bezug auf Cannabis schon Probleme mit dem Gesetz?
Onur: Ja, einmal wurde ich wegen knapp 2 Gramm Blüten erwischt.
Hanf Albers: Was hat dich dazu bewegt, aktiv zu werden?
Onur: Das unfair behandelnde Gesetz in Bezug auf Cannabis hat mich dazu bewegt, aktiv zu werden. Es besteht eine deutliche Unverhältnismäßigkeit in der Behandlung. Außerdem haben die rassistischen Bemerkungen der Polizeibeamten, als ich 2011 wegen 2 Gramm erwischt wurde, mich zusätzlich motiviert.
Hanf Albers: Auf welche Art engagierst du dich für die Legalisierung von Cannabis?
Onur: Ich engagiere mich online für die Legalisierung von Cannabis. Aufgrund meiner Sehbehinderung, die nach einer Operation im Jahr 2012 zu Sehproblemen führte, bin ich nicht in der Lage, alleine das Haus zu verlassen. Seit 2012 bin ich Mitglied bei den Grünen und habe viele Gespräche mit Politikern, Parteimitgliedern und anderen Personen geführt, um für die Legalisierung von Cannabis zu werben. Später, im Jahr 2017, bin ich zur SPD gewechselt. Ich diskutiere mit Freunden, Interessierten, Parteimitgliedern, Politikern und Ärzten, um Aufklärung zu betreiben und die Legalisierungsgesetze zu unterstützen.
Hanf Albers: Bist du Cannabis – Patient?
Onur: Ja, seit 2018 bin ich ein Cannabis-Patient.
Hanf Albers: Wie hat Cannabis deine gesundheitliche Situation verbessert? Oder hat es das, auch ohne dass du Patient bist?
Onur: Cannabis hat meine gesundheitliche Situation sehr deutlich verbessert! Ich habe keine Augeninnendruck mehr sowie Kopfschmerzen, die durch den Sehstress und die Verspannung der Gesichtsmuskulatur verursacht wurden. Diese Symptome sind nun kaum mehr vorhanden. Zudem sind meine Depressionen wie weggeblasen. Ich kann wieder normal einschlafen und habe endlich einen regulären Schlafrhythmus, bei dem ich zu normalen Zeiten schlafen gehe und aufstehe. Darüber hinaus habe ich einen verbesserten Appetit und vertrage meine Schilddrüsenmedikamente nun besser. Ohne Cannabis vertrage ich mein Schilddrüsenmedikament nicht gut. Früher, als ich kein Cannabis-Patient war, waren diese positiven Effekte beim illegalen Cannabis nicht wirklich zu bemerken. Im Schwarzmarkt wird so viel gestreckt, dass das nicht mehr normales, übliches Cannabis ist. Es gibt einen großen Unterschied zwischen legalem, sauberem, kontrolliertem Cannabis und illegalem, unkontrolliertem, gestrecktem oder gefälschtem Cannabis.
Hanf Albers: Wie stehst du zu anderen Drogen und der Debatte um eine Entkriminalisierung dieser Substanzen?
Onur: Ich bin strikt gegen den Konsum von harten Drogen und betrachte sogar Bier und Wein als harte Drogen. Dennoch bin ich der Meinung, dass Menschen, die solche Drogen konsumieren, Hilfe und Unterstützung benötigen, anstatt bestraft zu werden. Es wäre sinnvoll, sichere Abgabestellen und Beratungsstellen für diese Menschen einzurichten. Durch Strafandrohungen wird niemandem wirklich geholfen.
Hanf Albers: Was sagst du zum aktuellen Stand der Gesetzgebung bezüglich Legalisierung/Entkriminalisierung? Was findest du gut und was würdest du anders machen?
Onur: Ich bin froh, dass sich die neue Bundesregierung, die sogenannte ‘Ampel-Koalition’, ernsthaft mit der Legalisierung auseinandersetzen will. Ich bin stolz darauf, dass unsere langjährige Forderung endlich ernst genommen wird. Allerdings ist die Legalisierung längst überfällig, sogar deutlich überfällig! Leider hat die Bundesregierung mehrere Verzögerungen verursacht, was bei den Menschen Enttäuschung hervorgerufen hat. Dennoch geht es weiter voran. Was ich jedoch äußerst bedauerlich finde, ist, dass die CDU/CSU nach wie vor vehement Desinformationen verbreitet. Dadurch werden Menschen, die kaum Ahnung von Cannabis haben, unnötig verängstigt und verunsichert. Die Legalisierung beinhaltet strengere Regeln, doch die CDU/CSU scheint von der Prohibition zu profitieren und möchte keinerlei Ordnung in Bezug auf Cannabis zulassen. Wir arbeiten auf der Grundlage von Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen, während die CDU/CSU auf Ideologie, Panikmache und Desinformation setzt, was zu Provokationen gegenüber Befürwortern der Legalisierung führt.
Hanf Albers: Gab, oder gibt es Momente in deinem Aktivistenleben, wo du an deiner Überzeugung gezweifelt hast? Wenn ja, was motiviert dich weiterzumachen?
Onur: An meiner Überzeugung habe ich nie gezweifelt, da es für mich klar und logisch war, dass diese ungerechte Behandlung ein Ende haben muss! Es gibt keinen vernünftigen Grund, an einer solchen Überzeugung zu zweifeln.
Hanf Albers: Hatte der Cannabis-Konsum – auch ob des gesellschaftlichen Stigmas – Auswirkungen auf Partnerschaften/Freundschaften ?
Onur: Nein, der Cannabis-Konsum hatte keine Auswirkungen auf meine Partnerschaften oder Freundschaften.
Hanf Albers: Wie stehst du zum Umgang mit Cannabis im familiären Umfeld?
Onur: Ich habe keine Kinder. Aber generell bin ich der Meinung, dass Cannabis im familiären Umfeld, insbesondere in der Nähe von Kindern, nicht konsumiert werden sollte. Sowohl der Geruch als auch die damit verbundene Aufmerksamkeit können unangemessen sein. Ähnlich wie man keine Zigaretten und Alkohol in Anwesenheit von Kindern konsumieren sollte, gilt das Gleiche für Cannabis.
Hanf Albers: Ab welchem Alter würdest du das Thema mit deinen Kindern besprechen und wie?
Onur: Ich finde, Eltern sollten ab einem Alter von 14 Jahren mit ihren Kindern über das Thema sprechen und für eine angemessene Aufklärung sorgen.
Hanf Albers: Welche Altersgrenze für die Abgabe von Cannabis findest du sinnvoll? Warum?
Onur: Eigentlich war ich immer dafür, dass der freie Zugang zu Cannabis ab einem Alter von 18 Jahren möglich sein sollte, ohne eine THC-Obergrenze. Allerdings halte ich es für sinnvoll, jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 21 Jahren eine THC-Obergrenze von 10 Prozent vorzuschreiben. Dabei sollten klare Richtlinien festgelegt werden, damit junge Erwachsene nicht auf dumme Gedanken kommen, wie zum Beispiel übermäßigen Konsum oder falsche Konsummethoden. Gleichzeitig sollte jedem, der zum ersten Mal konsumiert, eine THC-Konzentration von unter 10 Prozent gegeben werden, da Anfänger oft nicht wissen, wie sie richtig dosieren und konsumieren sollten. Für erfahrene Konsumenten sollten keine weiteren Beschränkungen gelten, abgesehen von möglichen monatlichen Höchstmengen in den Abgabestellen.
Hanf Albers: Wie stellst du dir die perfekte Legalisierung vor?
Onur: Ich stelle mir eine perfekte Legalisierung vor, bei der das polizeiliche Vorgehen gegen den Konsum von Cannabis ein Ende hat und man sich nicht mehr verstecken muss, wenn man Cannabis konsumiert.
Hanf Albers: Hast du eine Lieblingsgenetik/Sorte? Warum?
Onur: Ich mag Sativa-Genetiken im Allgemeinen und abends gerne Hybrid- oder Indica-Sorten. Aber mein Favorit ist der harzige Haze mit einem erdigen Geschmack im Abgang.
Hanf Albers: Viele Leute haben Bedenken, sich aktiv für die Legalisierung zu engagieren, weil sie fürchten, Probleme im Job, usw. zu bekommen. Dies ist auch jetzt nach der beschlossenen Legalisierung noch so. Was würdest du diesen Leuten sagen, bzw. welche Tipps würdest du ihnen geben, damit sie trotzdem aktiv werden?
Onur: In einer Demokratie hat jeder das Recht, seine Meinung frei zu äußern und sich für seine Überzeugungen einzusetzen. Es ist rechtswidrig und reine Willkür, jemanden aufgrund seines Engagements für die Legalisierung zu kündigen. Personen, die sich nicht für die Legalisierung einsetzen, sollten sich nicht über schlechte Politiker beschweren. Ich verstehe jedoch die Ängste der Menschen, insbesondere in Bayern, wo die Situation schwierig sein kann, besonders mit dem Bayerischen PAG (Polizeiaufgabengesetz). Selbst wenn jemand aufgrund seiner Meinung, Haltung oder Ansichten gekündigt wird, gibt es Rechte, die dem Betroffenen Schadensersatz gewähren. Das Problem ist oft, dass viele Menschen nicht wissen, welche Rechte sie tatsächlich haben. Es ist wichtig zu wissen, dass man bereits verloren hat, wenn man von Angst beherrscht wird.
Hanf Albers: Was würdest du jemandem mit auf den Weg geben, (Vielleicht gerade Jugendlichen) wenn er/sie zum ersten mal Cannabis konsumieren möchte?
Onur: Ich würde jemandem, insbesondere Jugendlichen, raten, die Finger vom Schwarzmarkt zu lassen. Das illegale Cannabis ist nicht dasselbe wie legales, sauberes Cannabis. Das illegale Cannabis ist oft von minderer Qualität, gestreckt oder sogar gefälscht, wie synthetische Substanzen. Der Konsum von illegalem Cannabis kann gesundheitliche Probleme verursachen.
Hanf Albers: Hast du zum Abschluss noch eine lustige, oder spannende Cannabis – Anekdote?
Onur: Nicht wirklich, aber: Knallt das Ding nei? Das Ding is knalling nei!