Sehr
geehrter Herr Grote,
Am
Donnerstag, den
21.11.2019 von
17:30-18:30 rufen
wir,
die Ortsgruppe Hamburg des deutschen Hanfverbands (DHV), zu einer
Kundgebung vor der Behörde für Inneres und Sport am Johanniswall 5
in Hamburg auf.
Wir
bitten Sie, an diesem Tag symbolisch diesen
offenen Brief entgegen zu nehmen.
Wir möchten mit unserer Kundgebung daran erinnern, dass die Grundrechte von Cannabisnutzern in Deutschland immer noch nicht geachtet werden, im Gegenteil ist die Verfolgung momentan auf einem Höchststand[1], bisher ist keinerlei Liberalisierung erkennbar. Während die Grünen auf Bundesebene bereits die Schädlichkeit des Verbots erkannt zu haben scheinen (Siehe CannKG 2018), hat sich die Situation im Rot-Grünen Hamburg noch keinen Millimeter bewegt. Mit der Task Force ist – im Gegenteil – eine rückschrittliche, aktionistische Strategie ohne jede Weitsicht in die Stadt eingekehrt. Anwohner müssen sich an eine dauerhafte Präsenz der Polizei gewöhnen. Es sind Fälle von Racial Profiling dokumentiert[2].
Wir
mahnen Sie,
sich die Situation, mit der sich viele Konsumenten in
Hamburg konfrontiert
sehen, zu vergegenwärtigen: Obwohl
diese Menschen niemanden geschädigt
haben,
jagt der Staat Sie mit seinem gesamten Arsenal. Dabei
geht die Hamburger
Polizei u.a.
mit
schwerem Gerät wie Hubschraubern und Spürhunden
auf die Suche nach Plantagen[3],
in
der “Task
Force” verschwenden
Beamte
sinnlos
Arbeitsstunden. Dies ist Symbolpolitik, aber
gleichzeitig
auch Steuerverschwendung!
Betroffene
verlieren u.U. Job,
Familie, Führerschein und in der Konsequenz nicht selten ihren
Glauben an den Rechtsstaat. Darin
ist keinerlei Verhältnismäßigkeit mehr erkennbar.
Die
Situation ist beispielhaft: Der Staat ignoriert die Entwicklung in
anderen Ländern in
Richtung
Dekriminalisierung bzw. Legalisierung und
ignoriert
wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich
medizinischer Wirksamkeit diverser Inhaltsstoffe der Cannabispflanze;
er
verschwendet lieber seine Ressourcen, welche
an anderer Stelle fehlen[4]
und verletzt mit
diesem Vorgehen zudem
essenzielle
Bürgerrechte eines
nicht
geringen Teils
der Bevölkerung.
Und verzichtet auf mögliche Steuereinnahmen und
Einsparungen in Milliardenhöhe.
Alles im Namen einer Moralvorstellung, welche
Alkohol als “kulturell gefestigte” Art sich zu berauschen
verharmlost, obwohl dieser konkret jedes Jahr tausende Menschenleben
kostet und
manchen
aggressiv werden lässt (Beispiel
Häusliche
Gewalt). Cannabis,
welches
Menschen tendenziell
ruhig
und entspannt, friedlich und zufrieden macht und noch Niemanden
das Leben gekostet hat, im Gegenteil sogar vielen Menschen das Leben
mit körperlichen oder seelischen Schmerzen erst
erträglich
macht, wird wahlweise mit Alkohol auf eine Stufe gestellt (natürlich
ohne daraus zu schlussfolgern, dass
eine
Gleichbehandlung nötig ist)
oder
als “noch schlimmer” als Alkohol gebranntmarkt. In
diesem Punkt sind die wissenschaftlichen Fakten eindeutig[4].
Diese
hartnäckigen,
Jahrzehnte
alten
Vorurteile
gilt es zu widerlegen. Die Forschung – wo Sie im
Bereich Cannabis eben
wirklich als Frei bezeichnet werden kann – hat mittlerweile unzählige
Belege für den medizinischen Nutzen von Cannabis geliefert,
man muss sich nur die Mühe machen, dieses selbstständig
zu
recherchieren.
Warum
maßt sich der
Staat an,
Konsumenten
der gleichen Substanz in “kriminelle
Kiffer” und
“Patienten” aufzuteilen,
verfolgt Erstere mit Polizei und Gerichten und legt Zweiteren
beständig Steine in den Weg zur
Gesundung?
Viele Ärzte sind von den
systematischen, moralisch-ideologischen
(und
damit unwissenschaftlichen)
Falschinformationen
in
den
Medien
so
abgeschreckt, dass diese sich viel
zu oft gar
nicht
erst
unabhängig
über das Thema und
Erkenntnisse der letzten Jahre informieren.
Die USA z.B.
sind
hier bereits
weiter
und Bundesstaaten
wie Colorado und Kalifornien müssen
Vorbild sein auf dem Weg zu einer kompletten Legalisierung und
Regulierung des Hanfmarktes. Über die Nutz-pflanze Hanf haben wir
noch gar kein Wort verloren. Auch hier kann sich jeder allumfänglich
per Internet über die mannigfaltigen Nutzungsmöglichkeiten dieser
Jahrtausende alten Pflanze informieren. Wer es mit Klimaschutz und
Nachhaltigkeit wirklich ernst meint, der wird am Hanf nicht
vorbeikommen. Hanftextilien, -nahrungsmittel, -plastik und -baustoffe
sind nur ein kleiner Ausschnitt.
Wo
ist die Verhältnismäßigkeit, wenn Menschen wegen einer Anbauanlage
zur Selbstversorgung eine Hausdurchsuchung erdulden
müssen. Diese
tief
in die Grundrechte eingreifenden Mittel
des Staates sollten für Gewalttäter und Verbrecher vorbehalten
sein, nicht für einfache Bürger, die sich z.B.
in
einer Notlage selbst behelfen. Während es
bei
Diebstahl, Einbrüchen oder Gewaltdelikten immer eine(n)
Geschädigte(n) gibt,
sind es im Falle von Cannabiskonsumenten nur Sie
selbst,
welche
geschädigt werden.
Die
deutlich schlimmere Konsequenz ist die, vom
Staat – unter der Vorgabe, sie
“schützen”
zu wollen – verfolgt,
angeklagt und bestraft zu werden.
Wir
fordern von Ihnen als zuständigem Innensenator der Hansestadt
konkrete Maßnahmen, um den unhaltbaren und destruktiven Status Quo
zu verändern:
– Sorgen Sie für eine Beendigung der Arbeit der “Task Force Drogen”, die seit 2016 besteht. Diese Beamten sind bei Delikten mit Tatopfer sehr viel sinnvoller einzusetzen
– Setzen Sie sich dafür ein, dass Betäubungsmitteln nicht meht länger mit dem Strafrecht begegnet wird.
– Das BtMG und das Cannabisverbot fußen nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern moralischen und politischen Bedenken. Diese halten den Ergebnissen der Forschung der letzten 20 Jahre nicht stand.
– Eine komplette, an Fakten orientierte Neubewertung der Gesetzeslage, insbesondere in Bezug auf den Aspekt der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns ist notwendig!
– Unterstützen Sie die Justizkampagne des deutschen Hanfverbands und die Bemühungen, das Cannabisverbot durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen.
– “Modellprojekte” sind leider nur als Nebelkerzen zu bewerten, auch von Seiten der SPD, stets gefordert in dem Wissen, dass Diese mit der momentanen Gesetzeslage nicht in Einklang zu bringen sind und somit von Vorn herein keine Aussicht auf Realisation besteht. Es ist damit eine Forderung, die sich ‘gut liest’, nichts kostet und keinerlei anschließendes, ernst zu nehmendes Handeln erfordert.
–
Da mittlerweile einige Länder Cannabis (und teils auch andere
Drogen) Dekriminalisiert bzw. Legalisiert haben, sind Zahlen hierzu
bekannt. Befürchtungen, wie sie auch hier zu Lande geäußert
werden, haben sich nicht bestätigt und die Erfahrungen sind quasi
ausschließlich positiv.
November 2019, Ortsgruppe Hamburg des deutschen Hanfverbands
Pressemitteilung:
PM:
Am Donnerstag, den 21.11.2019 von 17:30-18:30 rufen wir, die Ortsgruppe Hamburg des deutschen Hanfverbands (DHV) zu einer Kundgebung unter dem Motto “Teufelskreis durchbrechen – Hanf ist kein Verbrechen” vor der Behörde für Inneres und Sport am Johanniswall 5 in Hamburg auf. Als oberstes Organ der Hansestadt im Bereich Verbrechensbekämpfung ist Innensenator Andy Grote u.a. zuständig für die Hamburger Polizei. In seine Amtszeit fallen sowohl die Gründung der sog. “Task Force Drogen”, als auch der G20-Gipfel (mit bekanntem Ausgang). Wir möchten Senator Grote ein persönliches Schreiben und einen Forderungskatalog übergeben, wir haben die Behörde per eMail um die Entgegennahme gebeten. Wir möchten auf die teils drastische Situation der Menschen hinweisen, die wegen ihrer Vorliebe für oder ihrem Bedürfnis nach Cannabis mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Die damit zusammenhängende Verletzung der Grundrechte Vieler, die Verschwendung von Steuergeldern und staatlicher Resourcen erzeugen einen unhaltbaren Zustand von dem niemand profitiert und der eines modernen Rechtsstaats unwürdig ist
Mit
der Einleitung von mittlerweile knapp 500 Verfahren pro Tag (!) gegen
Cannabisfreunde hat die Repression gegen Hanfkonsumenten und
-patienten aktuell einen Höchststand erreicht[1]. Sie zerstört
nicht nur die Leben der Betroffenen, sie lähmt auch gleichzeitig die
Justiz- und Strafverfolgungsbehörden. Statt sich um Verbrechen zu
kümmern, bei denen es neben einem Täter auch ein Opfer gibt und
deren Verfolgung und Ahdung somit für Letztere ein wichtiges Mittel
sind, um Gerechtigkeit zu erlangen, werden stattdessen Unmengen an
Kräften des Staates im Kampf gegen die Drogen gebunden. Dass
dieser aussichtslos und kontraproduktiv ist, haben bereits
122
deutsche
Strafrechtsprofessoren
in einem offenen Brief bemängelt[2];
auch der ehemalige Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter
(BDK) André Schulz, sprach sich 2018 für ein Ende der
Cannabisprohibition aus[3]. Suchtforscher wie Jens Reimer, der
Direktor des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung der
Universität Hamburg oder der Mannheimer Oberarzt Derik Hermann
teilen
ebenfalls
die
Forderung nach einer
kontrollierten
Abgabe von Hanf[4][5].
Den
geschätzten jährlichen Kosten der Strafverfolgung von 2,66 Mrd.
Euro[6]
stehen
immense Steuereinnahmen bei einer kompletten Freigabe entgegen.
Colorado, welcher als erster US-Bundesstaat 2012 den privaten
Gebrauch von Cannabis für Erwachsene erlaubt hat, hat dieses Jahr
die 1 Mrd. Marke an Steuereinnahmen durch Cannabisverkauf
geknackt[7]. Drei der vier Oppositionsparteien im Bundestag haben
dies erkannt und mit ihren Gesetzesinitiativen im Frühjahr 2018
gezeigt, in welche Richtung es beim Thema Cannabis gehen muss[8]. Mit
dem Verbot verrät der Staat zudem seine eigenen Leitsätze und die
Grundrechte vieler Menschen, etwa auf eine freie Entfaltung. Auch der
Gleichbehandlungsgrundsatz ist verletzt, ganz zu Schweigen von der
Würde der Betroffenen. Diese Vorgehensweise schafft laufend und
methodisch neue Opfer, zerstört Familien und Existenzen und ist
damit um ein vielfaches Schädlicher, als es der Naturstoff Cannabis
je könnte.
Die
Liste der Krankheiten, bei denen Cannabis nach dem
Cannabis-als-Medizin-Gesetz verschrieben werden darf, ist lang[9].
Obwohl die Wissenschaft überhaupt erst seit Mitte der 90er Jahre und
vielerorts wegen des Verbots noch überhaupt nicht frei zum Thema
Cannabis forschen darf, hat Sie mittlerweile unzählige Studien
produziert, welche die gesundheitsfördernden Aspekte von Cannabis
belegen. Die Cannabispflanze enthält je nach Sorte eine
unterschiedliche Kombination an Wirkstoffen: Neben über 100
Cannabinoiden auch insgesamt bis zu 500 anderer Moleküle wie z.B.
Terpene, welche ebenfalls gesundheitsfördernde Effekte besitzen[10].
Und dennoch berichten sogar Menschen mit einem Rezept davon, dass es
immer noch schwer ist, Ärzte zu finden, dass es Lieferengpässe gibt
und dass die Qualität des angebotenen Grases der des Schwarzmarktes
z.T. sogar nachsteht[11][12]. Auch dies ist ein unhaltbarer Zustand
der täglich unnötig Leid verursacht.
Hanfkonsumenten
und -patienten sind mit insgesamt mehr als einer Million Menschen[13]
absolut kein geringer Anteil der deutschen Bevölkerung. Paragraph
175, erst 1994 aus dem StGB gestrichen, ermöglichte für Jahrzehnte
eine Verfolgung von LGBTQ-Menschen, welche ebenfalls Niemandem in
irgendeiner Weise geschadet hatten. Heute gilt es als Fortschrittlich
und Errungenschaft der Gesellschaft, dass in diesem Land Menschen
frei wählen können, wen und wie Sie lieben (obgleich noch keine
vollständige Gleichstellung). Derselbe Schritt in eine freiere
Gesellschaft steht beim Thema Prohibition noch aus. Er ist aber
angesichts der Zahlen und der dahinter stehenden Schicksale ebenso
überfällig. Die Verhältnismäßigkeit ist nicht gewahrt, wenn ein
hochgerüsteter Staat sein ganzes Arsenal an Personal,
Hubschraubern[14][15], Spürhunden etc. dafür verwendet, friedliche
Kiffer zu jagen. Gerade in Anbetracht sich zunehmens
radikalisierender, teils terroristischer Gruppen aus dem
Rechtsextremistischen und Islamistischen Milieu ist es dringend Zeit,
die Prioritäten in der Strafverfolgung zu reformieren!
[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtslage_von_Cannabis#Entwicklung_der_Cannabis-bezogenen_Strafverfahren
[2]
http://schildower-kreis.de/resolution-deutscher-strafrechtsprofessorinnen-und-professoren-an-die-abgeordneten-des-deutschen-bundestages/
[3]
https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/kriminalbeamte-fordern-ende-des-cannabis-verbots-54602380.bild.html
[4]
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/2015-09/cannabis-suchtforscher-fuer-kontrollierte-abgabe/
[5]
https://www.deutschlandfunkkultur.de/suchtforscher-ueber-cannabis-legalisierung-bedeutet.1008.de.html?dram:article_id=430771
[6]
https://hanfverband.de/sites/hanfverband.de/files/cannabis_final-141118.pdf
[7]
https://www.wallstreet-online.de/nachricht/11246428-usa-steuerrausch-wirtschaftsmotor-cannabis-colorado-zahlen/all
[8]
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2018/kw08-de-cannabis-542302
[9]
https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Versorgung/Cannabis.pdf
[10]
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30152161
[11]
https://taz.de/Medizinische-Cannabis-Importe-stocken/!5570423/
[12]
https://www.mdr.de/nachrichten/politik/gesellschaft/cannabis-rezept-probleme-lieferung-100.html
[13]
https://hanfverband.de/faq/wie-viele-menschen-konsumieren-in-deutschland-cannabis
[14]
https://www.abendblatt.de/hamburg/polizeimeldungen/article107887971/Polizei-sucht-Drogenplantagen-mit-Waermebildkamera.html
[15]
https://www.mopo.de/hamburg/mit-waermebildkameras-hubschrauber-patrouillen-gegen-hamburgs-hasch-farmer-1676952